Spätestens seit dem VW-Abgasskandal sind manche Autokäufer ins Zweifeln gekommen, ob ein Dieselauto tatsächlich eine gute Wahl ist. Auch die drohende Verschärfung deutscher Umweltzonen trägt zur Verunsicherung der Verbraucher bei. Aber sind Diesel-PKW tatsächlich überholt? Wir versuchen eine realistische Bestandsaufnahme.
Aktueller Stand der Diesel-Diskussion
Die Affäre um verschleierte und geschönte Abgaswerte bei Volkswagen ist vielen Autofahrern noch in lebhafter Erinnerung: Im Herbst 2015 wurde aufgedeckt, dass VW die Messung von Schadstoffemissionen mittels einer speziellen Software manipuliert hat. Das Ziel der Betrugs war es, vor allem die strengen US-amerikanischen Normen auf dem Papier zu erreichen. Mindestens elf Millionen Fahrzeuge waren betroffen – insbesondere Dieselfahrzeuge, die in der Praxis wesentlich mehr Stickoxide ausstoßen als offiziell angegeben.
Genau diese Stickoxide (ein giftiges Gasgemisch, das bei der Kraftstoffverbrennung entsteht) sind bereits seit Jahren ins Fadenkreuz der Europäischen Kommission geraten. Mehr als 80 deutsche Städte liegen über den europäischen Grenzwerten. Nun mahnt die Kommission Luftreinhaltepläne an, und es drohen konkrete Fahrverbote. Hinzu kommt, dass Dieselautos in recht hohem Maße Feinstaub (Ruß) produzieren.
Was ist zu tun?
Eine umweltgerechte Lösung soll die sogenannte blaue Plakette bringen. Analog zu den bestehenden Umweltzonen sollen in bestimmte (innerstädtische) Bereiche nur noch „saubere“ Autos einfahren dürfen. Im Gespräch ist, dass nur Fahrzeuge zugelassen werden, die der Abgasnorm Euro 6 – oder sogar der geplanten, noch schärferen Norm Euro 6d – entsprechen. In der Konsequenz müssten viele ältere (und sogar wenige Jahre alte) Dieselautos aus den Großstädten draußen bleiben.
Ein Problem: Das Nachrüsten von Altautos wäre nur mit sehr großem, unwirtschaftlichem Aufwand möglich. Nun fühlen sich manche Autokäufer, die sich vor kurzem „einen Diesel“ zulegten, betrogen.
Jetzt ein Dieselauto kaufen? Ja, aber…
Nach unserer Einschätzung wäre es sinnvoll und notwendig gewesen, die anstehenden Verschärfungen früher in die öffentliche Diskussion einzubringen, statt die Augen zu verschließen. Dies hätte Käufern eine längere „Vorwarnzeit“ gegeben. Aber: Mit Blick auf die reale Umweltbelastung geht an den Änderungen kein Weg vorbei. Übergangsregelungen für Autobesitzer sind erforderlich, dürfen die blaue Plakette allerdings nicht in Frage stellen.
Eine grundsätzliche Scheu vor Dieselfahrzeugen ist aber unangebracht. Erstens leben viele Autofahrer abseits der drohenden Verbotszonen und sind daher kaum betroffen. Und zweitens ist zu erwarten, dass Normverschärfungen für Dieselautos bald an ein (wenigstens vorläufiges) Ende gelangen werden. Auch als Besitzer eines Benziners kann man sich keineswegs sicher sein, von künftigen Regelverschärfungen ausgenommen zu werden (die dann womöglich Dieselfahrzeuge verschonen). Immerhin spricht auch der weiterhin kostengünstige Kraftstoff dafür, heute und künftig Diesel zu tanken…
Wichtig ist, dass Autohändler und Onlinemärkte über die Umweltaspekte eines Wunschautos informieren. Kraftstoffverbrauch, Schadstoffklasse, Umweltplakette und Partikelfilter sind hier die wichtigsten Eckwerte. Darüber hinaus sollte der Verbraucher die modellspezifischen, möglichst exakten Stickoxidwerte erfragen und mit der Norm Euro 6 abgleichen.